Die Alchemie der Seele

Die unsterbliche Seele des Menschen ist im sterblichen Körper gleichsam eingekerkert wie der Nucleus im Atom und der Zellkern in der Zelle. Der Weg der Alchemie dient ihrer Befreiung. Dieser Weg kann in sieben Etappen, in sieben Prozesse eingeteilt werden.

Die Alchemie der Seele

Bei der Verdauung, beim Denken und vielen anderen Funktionen im Körper finden chemische Prozesse statt.

Auch Gedanken lösen vielfältigste hormonale Reaktionen aus. Unser Denken, mit dem wir so vieles bewirken, wird weitgehend von unbewussten Regungen gesteuert. Wir sind jedoch aufgerufen, vom Chemisten zum Alchemisten zu werden! Ein Anliegen der großen Alchimisten zu allen Zeiten ist es, aus Blei Gold zu machen, was heißt, das Licht aus allen noch so dunklen Lebenserfahrungen zu extrahieren, damit einmal „der Stein der Weisen“ im geläuterten Selbst entstehen kann. (Zu keinen Zeiten wurde von den wahren Alchemisten damit die Herstellung von Gold als Metall gemeint!) Alchemisten dringen durch zu den Ursachen, die allen Prozessen zugrunde liegen. Ihnen geht es darum, Weisheit zu erlangen und bewusste Mitarbeiter in der großen Entwicklung von Mensch und Natur zu werden. Wer Normen und Gewohnheiten hinterfragt, ist bereits ein Pionier. Neues Denken hinterlässt Leuchtspuren im Äther, unserem Lebensfeld. Sie sind ein Kompass für andere Menschen. So dient die Selbsterkenntnis des Einzelnen auch der kollektiven Bewusstwerdung.

Die unsterbliche Seele des Menschen ist im sterblichen Körper gleichsam eingekerkert wie der Nucleus im Atom und der Zellkern in der Zelle. Der Weg der Alchemie dient ihrer Befreiung. Dieser Weg kann in sieben Etappen, in sieben Prozesse eingeteilt werden. Vier davon laufen auf der körperlich-seelischen Ebene ab. Sie sollen im Folgenden angedeutet werden. Es sind dies der Feuer-, Wasser-, Erd- und Luftprozess:

Da ist erstens die Calcinatio, der Feuerprozess. In jedem Menschen ruht ein Geist-Feuer. Wenn es auf einem inneren Weg aktiv wird, führt es uns zu einer Selbst-Analyse, die nicht immer schmeichelhaft ist. Wir gelangen ins Feuer der Selbsterkenntnis, zu einem Gewissensbrand. Darin verharrend, können wir an der Überwindung der Probleme arbeiten, indem wir unseren Lebensweg annehmen und ihn unter die Leitung der unsterblichen Seele stellen. Sie führt uns in die Stille und in die Gelassenheit

Der zweite Prozess ist die Solutio, es ist ein Wasserprozess. Die Muster, mit denen wir uns identifizieren, werden uns bewusst. Unsere Schattenseiten treten uns vor Augen. Wir können nun mit einer Reinigung, einer Auflösung beginnen. Sie wird möglich, indem unser Ego freiwillig zu einem Diener der Seele wird und ermöglicht, die Tiefenprozesse der Seele im Bewusstsein aufsteigen zu lassen. Unser Leben wird seelenbewusst.

Als Drittes folgt die Coagulatio, das In-Form-Bringen, der Erdprozess. Das stete Ringen um wahre Kenntnis, um das Leben aus dem aktuellen Moment, das Anteilbekommen an einer umfassenden Liebe führt zu einer Formgebung, zu einer Manifestation der neuen Seelenkräfte in uns. Das, was wir tun, bildet sich im Seelischen strukturbildend ab. Die Seele erhält einen – für die äußeren Augen nicht sichtbaren – neuen „Körper“.

Der vierte Basisprozess ist die Sublimatio, es ist der Aufstieg, der Luftprozess. Jetzt werden alle Probleme und Fragestellungen aus der übergeordneten Perspektive der Seele betrachtet und können so auf neue Weise gelöst werden. Die Seele mit ihrem neuen unsichtbaren Körper tritt mehr und mehr in eine Freiheit ein, die es ihr ermöglicht, mit dem universellen Geist Kontakt aufzunehmen und die drei weiteren Prozesse der Alchemie zu vollziehen.

Die vier ersten Operationen der Alchemie stellen jeden, der diesen Weg geht, vor die Fragen:

Wird das irdische Ego im Feuer der Seele zu Asche (Calcinatio)? Lässt sich der Extrakt in den Wassern der Seelenfülle auflösen (Solutio)? Formt sich durch die Anwendung der Seelenkräfte eine neue, dienstbare Persönlichkeit und eine neue Struktur der Seele (Coagulatio)? Nehmen wir in der Seele eine beobachtende Perspektive ein (Sublimatio)? 

Die Alchemie ermöglicht durch einen paritätischen Ausgleich der vier Elemente – des Feurigen, Wässrigen, Erdigen und Luftigen – innere Harmonie. Entscheidend sind bei allem die Erkenntnis und der Wille, Diener, Dienstknecht der höheren Kräfte zu sein. Das Ziel ist, transparent für das Licht zu werden. Dann kann sich die Alchymische Hochzeit vollziehen, die Vereinigung von Seele und Geist. Ihr dienen die drei weiteren Stufen der Alchemie, die sich dann nicht mehr auf die irdische Persönlichkeit selbst beziehen; sie hat wesentlich zur Ermöglichung dieses Geheimnisses durch die vorgenannten Reifungsprozesse beigetragen.

Es sind dies die Mortificatio, die Separatio und die Conjunctio, die in der christlichen Terminologie auch angedeutet werden als Kreuzigung (des Niederen, damit das Höhere frei werden kann), als Auferstehung (eines verherrlichten feinstofflichen Körpers) und als Himmelfahrt (der neu geborene Mensch vereint sich mit dem göttlichen Geist, der ihm aus seinem Innern und aus dem Kosmos entgegentritt). So dient Alchemie der Transformation des Menschen und damit auch der Welt, der Erde mit ihren Naturreichen und der Menschheit.

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Datum: November 21, 2017
Autor: Ute Schendel (Germany)
Foto: W. Kandinsky: Schwarze Striche, Guggenheim Museum N.Y.

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