Rilke Projekt Transformation: Vor Weihnachten 1914 (Auszug 2)

Bang wie ein Sohn ging manches von dir fort und sah sich lange um, und sieht von dort, wo du nicht fühlst, noch immer her. O dass du immer wieder wehren musst: genug,

Rilke Projekt Transformation: Vor Weihnachten 1914 (Auszug 2)

statt: mehr! zu rufen, statt Bezug
in dich zu reißen, wie der Abgrund Bäche!
Schwächliches Herz. Was soll ein Herz aus Schwäche?
Heißt Herz-Sein nicht Bewältigung?
Dass aus dem Tier-Kreis mir mit einem Sprung
der Steinbock auf mein Herzgebirge spränge.
Geht nicht durch mich der Sterne Schwung?
Umfass ich nicht das weltische Gedränge?
Was bin ich hier? Was war ich jung?

Musik

Einmal hatte ich eine tiefgreifende Erfahrung,
die mich aus meiner alten Bahn warf.
Ich war ein Punkt und zugleich ein endloser Raum,
in dem alles stattfand.
Ein unendlich stilles und unbewegtes Bewusstsein,
und alles war in mir.

„Bang wie ein Sohn ging manches von dir fort“, sagt Rilke.
Die Dinge sind in die Außenwelt gegangen.

Nun halten sie Ausschau nach Menschen,
durch die sie die Verbindung zu ihrem Innersten wieder finden können.
Die alten Weisen sprachen von der Weltseele als der Mutter der Dinge.
Können wir Vermittler sein dorthin?

Mein Herz ist die Brücke.
Rilke deutet an: Die Dimensionen des Tierkreises können
in meinem Herzen wieder erwachen.
Mein Herz kann ein Gebirge werden, ein Weltenraum,
durch den der Schwung der Sterne geht.

Der Gott in mir, das Engelwesen, ist herausgetreten aus der Innenwelt.
Ich bin das Ergebnis davon.
Die Brücke zum Ursprung ist in mir.

Wir haben uns an der Außenseite festgeklammert.
Und so sind unsere Herzen schwächlich geworden.

Was soll ein Herz aus Schwäche?
Heißt Herz-Sein nicht Bewältigung?

Wir sollen wieder zu uns finden.
Unser Herz soll groß und weit werden, dass die Dinge dort hinein passen.
Sie warten darauf.

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Datum: Juli 31, 2021
Autor: Katrin u. Carsten Mainz
Foto: Anita Vieten

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